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Gefühle verstehen – und schwierige Emotionen als Kraftquelle nutzen

  • Autorenbild: Stefanie Heß
    Stefanie Heß
  • 24. Juli 2024
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 8. Apr.

Gefühle: Ihre Kraft zeigt Ihnen den Weg


Gefühle: Im Verlauf unseres Lebens werden wir alle mit einer Vielzahl von Ihnen konfrontiert: Die Liste der Gefühle reicht von Überraschung, Freude, Liebe, Glück, über Trauer, Wut, Abscheu, Verachtung, Eifersucht und Angst.


Während positive Gefühle uns oft Zufriedenheit und Erfüllung bringen, können schwierige Gefühle uns herausfordern, aus dem Gleichgewicht bringen und sogar krank machen.


Ein kluger Umgang mit herausfordernden Gefühlen ist daher entscheidend für unser Wohlbefinden, unsere emotionale und körperliche Gesundheit und unsere Zufriedenheit im Leben.





Gefühle: Silhouette eines Menschen im Schatten
Gesunder Umgang mit herausfordernden Gefühlen

Der folgende Artikel soll aufzeigen, was Gefühle sind, woran wir sie erkennen, warum und wie sie entstehen und wann und in welchem Maße wir auf sie hören können und dürfen. Außerdem gibt es einige bewährte Strategien, um mit schwierigen Gefühlen umzugehen, sie konstruktiv zu verarbeiten und dadurch zu einem ausgeglichenen und erfüllten Leben zu finden.


Die gute Nachricht gleich vorweg: Der Umgang mit schwierigen Gefühlen ist erlernbar – und er führt langfristig zu einem erfüllten Leben.


Darum wird es in diesem Beitrag gehen:




Was sind Gefühle? Eine Beschreibung


Gefühl ist ein psychologischer Oberbegriff für unterschiedliche psychische Erfahrungen und Reaktionen. Gefühle sind das Produkt der Verarbeitung von Reizen (hören, sehen, riechen, schmecken, tasten), die über die Sinnesorgane aufgenommen werden. Sie vermitteln damit ein Bild von der uns umgebenden Welt und sind physiologische Vorgänge im Körper, die mit entsprechenden Sensationen (Herzklopfen, Muskelanspannung, Schwitzen etc.) einhergehen.


Gefühle sind nicht nur Ausdruck äußerer Tatsachen, sondern auch unserer eigenen Beurteilung. Von unseren frühen Bezugspersonen lernen wir die Versprachlichung innerer Zustände, wie etwa Angst, Ärger, Eifersucht, Furcht, Freude und Liebe. Es gibt Ansätze zur Messung von Gefühlen, die allerdings nicht einheitlich anerkannt sind. Dies wiederum legt die Deutung von Gefühlen als individuelle oder subjektive Bewusstseinsqualitäten bzw. Ichzustände nahe.


Positive und negative Gefühle?

Häufig werden Gefühle in positive und negative Gefühle unterteilt. Demzufolge ist das positive Gefühl ein gutes Gefühl, das negative Gefühl ein schlechtes Gefühl. Als Menschen neigen wir zur Unlustvermeidung und wenden uns gern ab von dem, was negativ ist. Wir streben nach dem Positiven und beschäftigen uns daher weniger gern mit den negativen Gefühlen in unserem Leben.


Wenn wir aber unsere Gefühle – und damit uns selbst – besser verstehen wollen und einen Weg zu einem erfüllten Leben anstreben, ist es zunächst einmal hilfreich, sich von dieser Einteilung in gut und schlecht zu verabschieden. Wir wollen uns mit den Gefühlen beschäftigen, sie nicht mehr verdrängen, sondern sie ohne Wertung annehmen und die von ihnen vermittelte Botschaft für unser Wohlbefinden nutzen.



Was ist der Unterschied zwischen Gefühlen und Emotionen?


Ist denn Gefühl nicht gleich Emotion? Gibt es überhaupt einen Unterschied zwischen Emotionen und Gefühlen? Ganz häufig werden die beiden Begriffe synonym gebraucht. Doch es gibt ihn – den Unterschied zwischen Gefühl und Emotion.


Definition Emotion

Gefühle sind die Ausgangsbasis – zur Emotion werden sie, wenn sie uns zum Handeln drängen. Im Wort Emotion steckt das englische Wort motion. Emotionen sind also Gefühle in Bewegung.


Wenn wir Emotionen haben, sind wir nicht nur bewegt, sondern wir wollen uns bewegen. Wir möchten die psychokinetische Energie des Gefühls ausdrücken oder ausagieren.



Welche Aufgabe haben Gefühle?


Die biologische Aufgabe von Gefühlen ist ein inneres Bewertungssystem. Dabei kann man klar unterscheiden, welche Richtung uns ein Gefühl vorgibt – nicht aber, was genau der Handlungsimpuls dahinter ist. Dazu braucht es zunächst Übung und Introspektion.


Vereinfacht ausgedrückt kann man sagen:


  • Ein angenehmes Gefühl drückt ein erfülltes Bedürfnis aus,

  • ein unangenehmes Gefühl zeigt uns, dass mindestens eines unserer Bedürfnisse nicht erfüllt ist.


💡 Gefühle als Wegweiser: Von der Emotion zum Bedürfnis


Gefühle

Hinweis auf Bedürfnis

Mögliche Handlung

Wut

Gerechtigkeit, Respekt, Autonomie

Klare Grenzen setzen, sich aussprechen

Traurigkeit

Nähe, Trost, Annahme

Kontakt suchen, weinen dürfen, innehalten

Angst

Sicherheit, Orientierung, Schutz

Rückzug, Informationen einholen, stabilisieren

Freude

Verbindung, Sinn, Lebendigkeit

Teilen, feiern, innehalten

Eifersucht

Zugehörigkeit, Vertrauen, Selbstwert

Austausch suchen, Selbstreflexion

Scham

Zugehörigkeit, Integrität, Akzeptanz

Mitfühlender Dialog mit sich selbst



Angenehme Gefühle


Was zeigt uns nun also ein angenehmes Gefühl? Einfach ausgedrückt: Alles ist in Ordnung. Wir fühlen uns entspannt und wohl. Wir fühlen uns sicher. Wir, unsere Lebensumstände (Familie, Beruf etc.), die Situation und/oder die Handlung sind absolut stimmig.


Wir erleben Harmonie und sind in der Lage, Fehler zu machen, daraus zu lernen und zu wachsen. Wir fühlen uns rundum wohl.


Im Alltag schenken wir diesen Gefühlen jedoch oft wenig Aufmerksamkeit. Warum auch – es ist ja alles gut. Ein Trugschluss, gerade dann, wenn man im Leben strauchelt.(Dazu mehr zu einem späteren Zeitpunkt.)



Unangenehme Gefühle


Widrige Lebensumstände erkennen wir daran, dass sie unangenehme Gefühle in uns auslösen. An Tagen mit solchen Gefühlen schaffen wir wenig – oder gar nichts. Manchmal ist es das Umfeld, die Lebensbedingungen, der Mangel an Unterstützung – oder sogar wir selbst.


Wenn wir im Umgang mit schwierigen Gefühlen wenig geübt sind, erleben wir oft eine Ungenauigkeit: Wir verstehen nicht sofort (oder gar nicht), was uns da überschattet.


Bleiben unangenehme Gefühle im Zustand der Ungenauigkeit, schauen wir weg oder gehen darüber hinweg, so verdrängen wir das Gefühl – und damit auch die dazugehörige Handlungsaufforderung.


Doch: Verdrängung funktioniert nur kurzfristig. Langfristig wird das Gefühl nicht im Untergrund bleiben. Es wird sich mit Nachdruck melden – und uns immer deutlicher mitteilen:


So wie es ist, kann es nicht bleiben!


Können wir unseren Gefühlen vertrauen?


"Sei nicht so emotional!" oder "Vertraue auf dein Gefühl!" – was ist denn nun richtig?

Viele Theologen, Psychologen und Philosophen haben sich mit dem Gefühl bzw. den Gefühlen beschäftigt. Es ist irgendwie suspekt, was da im Körper passiert – und wie Reize aus der Außenwelt in unserem Körper Verarbeitung finden. Gefühle sind nicht wirklich greifbar, zudem oft schwankend (von stark bis subtil) und von Situation zu Situation relativ.


Gerade in unserer modernen, leistungsorientierten und schnell getakteten Welt verlassen sich viele auf ihren Verstand – und misstrauen den inneren Zuständen. Manche haben sich sogar von ihrem Körper als Impulsgeber abgeschnitten.


Doch: Wer langfristig die Kopf-Bauch-Achse ignoriert, läuft Gefahr, die Verbindung zu sich selbst zu verlieren – und riskiert damit Wohlbefinden, Lebensqualität und Gesundheit.


Kann man sich denn dann überhaupt auf seine Intuition, seine Gefühle verlassen?


Wenn etwas schwankt und relativ ist, könnte man meinen, es sei besser, sich ausschließlich am Verstand zu orientieren. Doch damit übergehen wir wichtige Signale – und handeln gegen die biologische Funktion unserer Gefühle.


👉 Achten Sie auf sogenannte „Störgefühle“ – und beleuchten Sie diese achtsam und ehrlich. Oft steckt dahinter eine wichtige Botschaft.



Wie der Umgang mit schwierigen Gefühlen gelingen kann


Wenn Sie von schwierigen Gefühlen überwältigt werden, kann Sie das in eine ohnmächtige Position bringen. Totale Überforderung und das Gefühl von Handlungsunfähigkeit lähmen Sie dann zusätzlich.


Im Folgenden finden Sie einige konkrete Tipps, wie Sie sich kurzfristig selbst unterstützen können – und wie Sie mittelfristig die Botschaft Ihrer Gefühle besser verstehen und für Ihr persönliches Wohlbefinden nutzen können:


1.Atmen Sie: 4 -Pause - 6 - Pause

Schließen Sie für drei bis 10 Minuten Ihre Augen und konzentrieren sich auf Ihren Bauch. Verfolgen Sie mit Ihrer Wahrnehmung Ihre Atmung. Atmen Sie tief in den Bauch und zählen Sie dabei langsam bis vier. Achten Sie darauf, wie Ihr Atem in den Bauch strömt und sich dabei die Bauchdecke nach außen wölbt. Achten Sie auf die kleine Pause die entsteht, bevor der Atem wieder ausströmt. Lassen Sie die Atmung langsam und konzentriert fließen. Zählen Sie beim Ausatmen bis 6. Beachten Sie auch hier wieder die kleine Pause in der Atemleere. Dann beginnen Sie den neuen Atemzug mit Ihrer Wahrnehmung zu begleiten.


Diese Atemübung beruhigt Ihr System. Sie werden in den aktuellen Moment geholt und Ihr vegetatives Nervensystem erlebt "Entwarnung" und es kommt zu einer körperlichen Entspannung.


 

2. Anerkennung und Akzeptanz

Der nächste Schritt im Umgang mit schwierigen Gefühlen ist die Anerkennung und Akzeptanz dessen, was Sie fühlen. Jedes Gefühl trägt eine Botschaft in sich:


– Ein positives Gefühl zeigt uns ein erfülltes Bedürfnis.

– Ein negatives Gefühl weist auf ein unerfülltes Bedürfnis hin.


Für ein erfülltes Leben ist es entscheidend, unsere Gefühle nicht zu unterdrücken oder zu verleugnen, sondern ihnen Raum zu geben – und sie anzuerkennen, wie sie sind.

Wenn Sie Ihre Gefühle zulassen, spüren und akzeptieren, können Sie beginnen, sie konstruktiv zu verarbeiten.


 

3. Selbstmitgefühl praktizieren

Seien Sie mitfühlend mit sich selbst – insbesondere dann, wenn Sie schwierige Gefühle erleben. Selbstmitgefühl bedeutet, sich selbst wie einen guten Freund zu behandeln.

Sprechen Sie freundlich mit sich selbst und erinnern Sie sich daran: Es ist normal, schwierige Gefühle zu erleben.

Jeder Mensch kennt herausfordernde Emotionen – Sie sind nicht allein.


 

4. Entwickeln Sie Ihre persönlichen Bewältigungsstrategien

Bewältigungsstrategien sind Beschäftigungen oder Handlungen, die Ihnen guttun, Sie erfreuen und auf andere Gedanken bringen. Sie helfen Ihnen, mit kritischen Situationen umzugehen – und können die psychische Last spürbar erleichtern.


Wenn Sie diese Strategien bereits in ausgeglichenen Phasen üben, können Sie im „Notfall“ verlässlich darauf zurückgreifen.


Denn: Diese Strategien sind so individuell wie Sie selbst.

– Was hilft Ihnen, wenn es Ihnen schlecht geht?

– Wie bringen Sie sich auf andere Gedanken?

– Was macht Ihnen wirklich Freude?

Mögliche Aktivitäten:

– Sport

– Musik

– Malen oder kreative Ausdrucksformen (z. B. singen, tanzen)

– Meditation, Achtsamkeit, Natur

– Das Gespräch mit einem vertrauten Menschen

Finden Sie heraus, was für Sie funktioniert – und integrieren Sie es regelmäßig in Ihren Alltag.


 

5. Grenzen setzen und Selbstfürsorge

Setzen Sie gesunde Grenzen, um sich selbst vor übermäßigem Stress oder negativen Einflüssen zu schützen.


– Sagen Sie Nein zu Verpflichtungen, die Ihnen nicht guttun.– Nehmen Sie sich Zeit für Selbstfürsorge und bewusste Entspannung.

Priorisieren Sie Ihre Gesundheit 

– körperlich, emotional und mental.

– Gönnen Sie sich regelmäßig Auszeiten, um sich zu erholen und aufzutanken.


Denken Sie an die Notfallansage im Flugzeug: Sauerstoff zuerst für Sie – denn nur wenn Sie gut versorgt sind, können Sie auch anderen helfen.


 

Nehmen Sie sich bewusst Zeit, um über Ihre Gefühle nachzudenken und herauszufinden, was sie verursacht.


Fragen Sie sich:

– Welche Auslöser oder Muster könnten zu meinen schwierigen Gefühlen beitragen?

– Gibt es Regelmäßigkeiten oder Gesetzmäßigkeiten, die ich erkennen kann?

Gehen Sie tiefer:

– Was will mir das Gefühl sagen?

– Welches Bedürfnis ist nicht erfüllt?

– Was kann, was muss ich ändern?

Rund 90 % unserer Gefühle sind uns nicht bewusst. Aber: Es sind unsere Gefühle, die ausmachen, wer wir sind.

Je weniger Verbindung wir zu unseren Gefühlen zulassen, desto stärker nehmen wir als Mensch Schaden. Und desto mehr ringen wir damit, die Persönlichkeit zu werden, die wir eigentlich sein wollen.

In sich ruhende Menschen sind in erster Linie auch im Reinen mit ihren Gefühlen. Sie genießen die schönen – und verstehen die Botschaft der schwierigen. Denn diese zeigen uns, wo Veränderung nötig ist – an uns selbst oder an unseren Lebensumständen.


 

7. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Wenn schwierige Gefühle anhalten oder Ihren Alltag stark beeinträchtigen, zögern Sie nicht, sich professionelle Unterstützung zu holen. Sie müssen da nicht allein durch.

Ein Psychologe, psychologischer Psychotherapeut oder psychologischer Berater kann Ihnen durch den Blick von außen helfen, Ihre Gefühle besser zu verstehen.

Die gemeinsame Reflexion erleichtert es, konstruktive Wege zu finden und notwendige Veränderungen zu erkennen. In einem geschützten Raum fällt es oft leichter, offen über Gefühle zu sprechen.

Durch ihre Ausbildung und Erfahrung können Therapeuten, Berater oder Coaches Sie fachkundig begleiten – auf Ihrem Weg zu mehr Klarheit, Selbstwert und mentaler Gesundheit.


 

Abschluss


Der Umgang mit überfordernden Gefühlen braucht Geduld, Selbstmitgefühl und die Bereitschaft, sich aktiv auseinanderzusetzen. Indem Sie bewährte Strategien üben, anwenden und sich auf Ihre Gefühle einlassen – sie fühlen –, werden Sie besser mit den Herausforderungen des Lebens umgehen können. Sie werden an innerer Stabilität gewinnen und – und das ist das Wichtigste – Sie werden lernen, die Botschaften Ihrer Gefühle zu verstehen und für Ihr Wohlbefinden und Glück zu nutzen.


Wenn Sie bereit sind, dann starten Sie durch. Es wird Ihr Leben bereichern.





 

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Quellen & Inspirationen:

Gesundheit ist auch Gefühlssache; Prof. Albrecht Hempel, Dominik Umberto Schott; Praxis Kommunikation 05|2023



 




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